Liebes Publikum,
wovon soll das Theater erzählen, zu welchen Geschichten sollten wir Sie, unser Publikum, einladen? Kriegsgeschichten, weil in der Ukraine immer noch Krieg herrscht? Klimageschichten, weil der Klimawandel uns alle umtreibt? Das könnten wir. Aber wir haben uns anders entschieden.

Zum ersten Mal bieten wir Ihnen vier Premieren an. Wir tun das, weil wir das Gefühl haben, dass es gut wäre, Ihnen ein Stück mehr in dieser Spielzeit bieten zu können. Einen Grund mehr zu uns ins Theater zu kommen, einen Grund mehr, sich im Theater mit dem Theater an die Wirklichkeit heranzupirschen.
Einen Grund mehr auch, mit unserem Theater akute Themen zu erkunden. Wirklichkeitserfahrungen zu machen mit dem Theater – so hoffen wir.

Was soll das sein? Natürlich näher dran sein an der Wirklichkeit. Näher dran an der Erfahrung dessen, was Wirklichkeit ist. Denn das können wir nur mit der Kunst, die uns die Wirklichkeit auf Distanz hält: näher dran sein…

In der Nähe der Dinge stehen, die uns was angehen. In der Nähe dessen zu sein, was uns bewegen kann, etwas Neues zu denken, etwas Neues zu tun.
Deshalb haben wir Ihnen „Graf Öderland“ von Max Frisch angeboten – eine wilde Moritat in zwölf Bildern – und anschließend „All das Schöne“ von Duncan Macmillan, ein kooperatives Stück: zwei ganz unterschiedliche Stücke, die zu einem Diskurs einladen über das, was möglich ist im Theater und im Leben…

Es folgen zwei weitere Premieren. „Wo immer du bist“ von der jungen Kanadierin Kristen da Silva, ein atmosphärisch schönes Spiel, das zwischen Tiefgang und Komödie changiert, und dann noch das vielleicht heiterste Stück des Endzeitvisionärs Samuel Beckett: „Glückliche Tage“, in dem es darum geht, wie wir erhobenen Hauptes und vermeintlich glücklich auf eine Katastrophe zu schliddern.
Also zwei Komödien, ernsthaft heiter und irrwitzig ernsthaft – zwei Balanceakte über die Untiefen des Lebens.

Dieter Nelle

Intendant