Schretzmeier, Nelle und Küster bei den Hamburger Privattheatertagen

Die Hamburger Privattheatertage sind eine Leistungsschau der deutschen Kleintheater. Dass Stuttgart gleich mit drei Inszenierungen vertreten ist, ist ein Beleg für das Niveau der hiesigen Szene.

Dunkle Zweifel: Michael Ransburg als Hamlet und Laura Kaiser als Ophelia im Forum-Theater Foto: Theater
Dunkle Zweifel: Michael Ransburg als Hamlet und Laura Kaiser als Ophelia im Forum-Theater Foto: Sabine Haymann

 

Stuttgart – Gleich drei Stuttgarter Inszenierungen sind zu den renommierten Privattheatertagen in Hamburg eingeladen worden: das Forum-Theater mit „Hamlet“ in der Regie von Dieter Nelle, das Theaterhaus mit den von Werner Schretzmeier inszenierten „7 Minuten“ sowie das Studio-Theater mit dem von Christof Küster eingerichteten „Hungaricum“. Noch vor Berlin, das zwei Inszenierungen nach Hamburg schickt, ist Stuttgart damit die Stadt mit den meisten der insgesamt zwölf Nominierungen – ein Ausweis des hohen Niveaus, das in der Stuttgarter Szene herrscht.

Stuttgart ist festivaltauglich

Die ausgewählten Stuttgarter Inszenierungen sind auf ihre je eigene Weise sehr aktuell. Im „Hamlet“ des Forum-Theaters brilliert in der Titelrolle Michael Ransburg als sehr heutiger, von Gram und Zweifel zerfressener Intellektueller, der an der Verlogenheit der etablierten Ordnung zerbricht. Als zeitgenössische Groteske erweist sich „Hungaricum“ im Studio-Theater, das ein Panoptikum randständiger Figuren im neuen Europa vorstellt. Und schließlich die „7 Minuten“ im Theaterhaus: Das Konversationsstück leuchtet im Hin und Her der Argumente einen Konflikt in der Arbeitswelt aus, wo ein aus Frauen verschiedener Nationen bestehender Betriebsrat einer Pausenverkürzung zustimmen soll. Die Gemeinsamkeit der drei Produktionen: Sie sind – mit kleinen Einschränkungen – tatsächlich festivaltauglich.

Die Hamburger Privattheatertage sind als Leistungsschau der deutschen Kleintheater das Pendant zum Berliner Theatertreffen, das von Stadt- und Staatstheatern dominiert wird. Sie finden in diesem Jahr zum siebten Mal statt. Die ausgewählten Inszenierungen werden vom 19. Juni bis 1. Juli in verschiedenen Theatern der Hansestadt präsentiert. Am Ende des fast zweiwöchigen Festivals vergibt eine Jury in drei Kategorien – moderner Klassiker, Komödie und zeitgenössisches Drama – den begehrten Monica-Bleibtreu-Preis.

Stuttgarter Zeitung, 12. April 2018