Premiere am 04. März 2017

Oskar und die Dame in Rosa

Von Éric -Emmanuel Schmitt

Mit Martina Guse und Lieko Schulze
Regie: Daniel Klumpp
Bühne und Kostüme: Gesine Pitzer

Oskar, 10 Jahre alt, hat Leukämie und liegt im Krankenhaus. Als die Chemo nicht anschlägt, wird ihm klar, dass er bald sterben muss. Seine Eltern sind ihm keine Hilfe. Doch zum Glück gibt es „Oma Rosa“. Sie ist eine der ehrenamtlichen Helferinnen im Krankenhaus, eine sogenannte Dame in Rosa. Da sie ihm stets ehrlich und authentisch begegnet, fasst Oskar Vertrauen und adoptiert sie als seine Oma Rosa.

Mit ihr bespricht er fortan seine Fragen ans Leben und an den Tod. Oma Rosa ermutigt Oskar, dem lieben Gott einen Brief zu schreiben. Und sie ist es auch, die ihm verrät, wie er in den wenigen ihm verbleibenden Tagen ein erfülltes Leben leben kann – indem er jeden Tag lebt, als wäre er ein ganzes Jahrzehnt.

Éric-Emmanuel Schmitt versteht es, dieses sensible und traurige Thema ohne falsche Sentimentalität anzupacken und mit seiner warmherzigen Erzählweise Trost zu spenden. Die Geschichte von Oskar und Oma Rosa berührt durch ihre Ausgewogenheit zwischen erwachsener Nüchternheit und kindlicher Phantastik. Sie ist ernsthaft und humorvoll zugleich.

Ein Sternenregen kündet Oskars Sterben an. Vor einem großen weißen Wandschirm, der zugleich Projektionsfläche für verspielte Zeichen ist, sitzt Oskar blassgesichtig im Klinikbett und spricht in Briefform mit Gott. Lieko Schulze, die über zwanzig Jahre älter ist als der sterbenskranke, aber hellwache Junge, den sie in „Oskar und die Dame in Rosa“ im Forum-Theater spielt, spricht ungemein präzise, vertraut der Bildkraft der Worte, bannt das Publikum. Wie immer, wenn es ans Sterben geht, werden letzte Dinge verhandelt. Neben dem Bett flunkert die von Oskar Oma Rosa genannte Dame vom Besuchsdienst vom Leben, das weder sie noch Oskar je geführt haben.

Daniel Klumpp hat Éric-Emmanuel Schmitts Erzählung „Oskar und die Dame in Rosa“ als Zwei-Personen-Kammerstück konzipiert. Martina Guse inszeniert gemeinsam mit Lieko Schulze ein freches, anrührendes Lebensspektakel im Zeitraffer. Denn die Botschaft des Abends muss unter die Leute – wer sterben muss, sollte vorher etwas erlebt haben.

In heiteren und weniger heiteren Phantasmen wird Oskars Personal vorgeführt: Ärzte, die sich nach dem Versagen der medizinischen Heilkunst in Unaufrichtigkeit flüchten, feige, weil emotional erstarrte Eltern, Mitpatienten wie der fette Bacon, Einstein mit dem Wasserkopf, Oskars Verlobte Peggy Blue, mit der er sich fühlt wie „Knallfrösche vor der Explosion“.

Binsenweisheiten wie „Schaue jeden Tag auf diese Welt, als wäre es das erste Mal“ rutschen bei so viel Erzähllust nicht ins Kitschige. […] Lieko Schulze vollbringt dabei die Kunst, das Sterben des Kindes leicht zu zeigen.

Stuttgarter Zeitung, 07.03. 2017