Premiere am 30. April 2014

Kiki van Beethoven

Von Michael Frayn

Regie: Dieter Nelle
Bühne und Kostüme: Marcel Keller
Mit Schirin Brendel, Maarten Güppertz und Michael Ransburg

Im Mittelpunkt stehen zwei berühmte Wissenschaftler: Werner Heisenberg und Niels Bohr. Die beiden pflegten 19 Jahre lang eine höchst intensive, produktive Freundschaft. Doch diese endete schlagartig, nachdem Heisenberg im Herbst 1941 Bohr in Kopenhagen besucht hatte. Warum war Heisenberg nach Kopenhagen gekommen?

Als Bohr 1943 aus Dänemark nach Amerika floh, stieß er dort zum sogenannten Manhattan-Projekt, das führende Physiker des alliierten Machtbereichs versammelte, um die Atombombe zu entwickeln. Seine erste Frage nach der Ankunft war: Wie weit ist Heisenberg? In seinem historisch genau recherchierten Stück lässt Frayn die drei Protagonisten – Heisenberg, Bohr und dessen Frau Margarethe – nach ihrem Tod erneut zusammentreffen, um die ›wahren‹ Umstände dieser Begegnung zu rekonstruieren. In immer neuen Anläufen tragen sie die Schichten ihrer Vergangenheit ab und geraten dabei immer tiefer hinein in einen packenden Kreislauf aus schmerzhaften Erinnerungen und nicht verheilten Wunden.
Auf faszinierende Weise verwebt Frayn Fakten und Fiktion, um das Psychogramm einer zerbrochenen Freundschaft zu zeichnen, welche die Revolution des wissenschaftlichen Weltbildes durch die Erkenntnisse der Atomphysik nicht bloß widerspiegelt, sondern vielmehr entscheidend geprägt hat – bis in ihre verheerenden Folgen hinein.

»Einst befand sich in jedem Haushalt eine Maske des Komponisten Ludwig van Beethoven; wenn man diese betrachtete, erklang Musik von ihm, und alle gerieten ins Schwärmen. Doch das ist lange her. Kiki lebt inzwischen in einem Seniorenheim und hat zwar wieder eine Maske von Beethoven, doch da erklingt nichts mehr. Wütend darüber hört sie deshalb Beethoven per CD in nervtötender Lautstärke im Park. Bissig und zugleich sehr leicht und humorvoll greift Eric-Emmanuel Schmitt das Thema Älterwerden in seinem Stück ‚Kiki van Beethoven‘ auf, das Karin Eppler mit vielen tollen Spielideen im Forum Theater inszeniert hat. Denn auf die Bühne kommt der junge Bob, der die typischen Sprüche der heute 20-Jährigen (‚Vollpfosten‘, ‚voll geil‘) drauf hat und entsprechend herumzappelt. Ein ungleiches Paar, das sich da Tag für Tag trifft, und natürlich gibt es viele Reibungen. An einigen Stellen wirkt das ziemlich konstruiert, doch Martina Guse und Michael Ransburg machen das wett, indem sie das Maximale aus ihren Figuren herausholen. Da ist es gut, dass sich die beiden schon ganz am Anfang auf der Bühne dem Alter ihrer Figuren optisch annähern: Guse wird immer älter, Ransburg immer jünger.«StN, 18.01.14

»Eine Dame in dezent-eleganter Aufmachung sitzt auf einer Parkbank. Ein junger Typ mit Kapuzenjacke und Jogginghosen nähert sich ihr. Kann das gut gehen? Weiß man nicht, doch man ist neugierig auf die Konfrontation. Kiki (Martina Guse) hört mit einem unsichtbaren Abspielgerät richtig laut Beethoven. So laut, dass Bob (Michael Ransburg) sich beschwert. Verkehrte Welt. Bob meint streng: ‚Regeln müssen sein.‘ Dann rückt der Bubi der Dame auf den Pelz. Bald meint Bob: ‚Die Musik geht total rein.‘
Da ahnt man schon, dass es Eric-Emmanuel Schmitt mit seinem Stück ‚Kiki van Beethoven‘ nicht um Realismus geht. Er hat ein Bühnenmärchen geschrieben, denn es passiert Unglaubliches. Bob, 21 Jahre alt, wird eine Art Katalysator für Kikis Selbsterforschung. […] Martina Guse spielt Kiki als distinguierte Bildungsbürgerin. Bob setzt seine Worte anders: ‚Bist du blöd, gehst du Mediamarkt, bist du geil, gehst du Saturn.‘ Doch das ist bloß eine Milieufassade. Wenn Michael Ransberg spielt, ist umwerfendes Körpertheater zu sehen. Er gibt mit eckigem Zucken und fußwippender Dauernervosität einen liebenswerten Hip-Hopper, dem zuzuschauen ein großes Vergnügen ist. Doch Bobs Gezappel verdeckt, was er wirklich ist, und das macht die Figur interessant. Bobs Auftritt in Aufmachung und Sprache ruft sofort unsere Vorurteile auf den Plan. Bob aber ist sehr gewinnend, weil er Kiki zuhört, ihr zugewandt ist. Kiki leidet, weil ihr Sohn tot ist, und sie hasst ihre Schwiegertochter. Bob schafft es, sie zum Sprechen über das zu bringen, was sie umtreibt.
Auf der Bühne steht nur eine kantige Parkbank, das reicht als Ausstattung (Bühnenbild: Vesna Hiltmann). Karin Eppler hat Schmitts Stück klar und im Detail sehr sorgfältig inszeniert. Das Stück beschreibt die Geschichte einer zarten Annäherung zweier Menschen, die ganz unterschiedlichen Welten angehören. Das kommt alles in allem leicht angekitscht daher. Doch zu erleben ist ein ebenso amüsantes wie ­fesselndes Dramolett mit zwei Darstellern, denen man neunzig Minuten mit Hingabe zuschaut.« StZ, 18.01.14