Mit: Theresa Berlage, Schirin Brendel, Martina Guse,Laura Kaiser, Lieko Schulze und Michael Ransburg
Regie: Dieter Nelle
Bühne und Kostüme: Hannes Hartmann und Leonie Mohr
NOMINIERT FÜR DEN MONICA BLEIBTREU PREIS 2018
Hamlet hat zur Zeit Luthers in Wittenberg studiert. Er kommt direkt aus einer Studentenrevolte an den
Hof von Dänemark. Kaum angekommen, erscheint ihm sein verstorbener Vater als Geist und eröffnet ihm,
dass er ermordet worden sei. Er fordert den Sohn auf, ihn zu rächen. Das ist ganz klar ein patriarchalisches
Grundmuster. Indem Hamlet die Welt der Väter auf ihre Rechtmäßigkeit befragt, zerstört er zugleich die
Frauen.
Wir stellen Hamlet ins Zentrum des Stückes. Um ihn herum werden alle Rollen von Frauen gespielt. Sie erzeugen und spielen ein männliches System, das sie selbst marginalisieren will.
Shakespeares Hamlet ist ein verstörend komplexes Drama. Es geht um die Macht eines Systems, dem man kaum entkommen
kann. Es geht um selbstbestimmtes Handeln, um den Verlust der Liebe, um Verrat. In kaum einem anderen Stück ist die Radikalität des Denkens der Radikalität des notwendigen Handelns so stark gegenübergestellt.
Das Drama gilt als neuzeitlich schlechthin, weil dem Denken und der Selbstbestimmung als Individuum eine zentrale Bedeutung zukommt.
Hamlet“ vom Forum Theater Stuttgart ist für den beliebten Monica Bleibtreu Preis nominiert und startet bei den 7. bundesweiten Privattheatertagen 2018 in Hamburg in der Kategorie (Moderner) Klassiker.
Die Jury überzeugte der Ansatz und das Spiel und hat „Hamlet“ für den Monica Bleibtreu Preis 2018 nominiert.
Mit „Hamlet“ ist das Forum Theater Stuttgart nach 2016 (Das Wintermärchen, Monica Bleibtreu Preis 2016, Kategorie Moderner Klassiker) zum zweiten Mal zu den bundesweiten PRIVATTHEATERTAGEN eingeladen. Das Festival läuft vom 19. Juni bis zum 1. Juli 2018 in Hamburg. Die Bekanntgabe der Gewinner findet bei einer festlichen Abschlussgala am 1. Juli 2018 statt. Das Stück startet in der Kategorie (moderner) Klassiker.
„Hamlet“ vom Forum Theater Stuttgart konkurriert in der Kategorie (Moderner) Klassiker mit „Das Lächeln am Fuße der Leiter“ vom Societaetstheater Dresden, „Buten vör de Döör / Draußen vor der Tür“ vom Ohnsorg Theater, Hamburg und „Die Liebe der kleinen Mouche“ vom Waidspeicher-theater Erfurt.
PRIVATTHEATERTAGE: „Hamlet“ vom Forum Theater Stuttgart Donnerstag, 21. Juni 2018, 19:30 Uhr // Spielstätte: Ernst Deutsch Theater, Hamburg Kategorie: (Moderner) Klassiker
Die PRIVATTHEATERTAGE werden von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert. Sie sollen auf die Bereicherung der Theaterlandschaft durch die künstlerische Vielfalt der 280 deutschen Privatbühnen aufmerksam machen. Vom 19. Juni bis 1. Juli 2018 werden zwölf nominierte Theaterstücke in Hamburg aufgeführt, aus denen eine unabhängige Festival-Jury die Gewinner die Monica Bleibtreu Preise in den Kategorien (moderne) Klassiker, Komödie und (zeitgenössisches) Drama auswählt. Der undotierte Preis wird im Rahmen der feierlichen Abschlussgala am 25. Juni 2017 vergeben. Die Festivalbesucher haben zudem die Gelegenheit, eine Theaterproduktion mit dem Publikumspreis zu würdigen.
Die Hamburger Privattheatertage sind eine Leistungsschau der deutschen Kleintheater. Dass Stuttgart gleich mit drei Inszenierungen vertreten ist, ist ein Beleg für das Niveau der hiesigen Szene.
Stuttgart – Gleich drei Stuttgarter Inszenierungen sind zu den renommierten Privattheatertagen in Hamburg eingeladen worden: das Forum-Theater mit „Hamlet“ in der Regie von Dieter Nelle, das Theaterhaus mit den von Werner Schretzmeier inszenierten „7 Minuten“ sowie das Studio-Theater mit dem von Christof Küster eingerichteten „Hungaricum“. Noch vor Berlin, das zwei Inszenierungen nach Hamburg schickt, ist Stuttgart damit die Stadt mit den meisten der insgesamt zwölf Nominierungen – ein Ausweis des hohen Niveaus, das in der Stuttgarter Szene herrscht.
Stuttgart ist festivaltauglich
Die ausgewählten Stuttgarter Inszenierungen sind auf ihre je eigene Weise sehr aktuell. Im „Hamlet“ des Forum-Theaters brilliert in der Titelrolle Michael Ransburg als sehr heutiger, von Gram und Zweifel zerfressener Intellektueller, der an der Verlogenheit der etablierten Ordnung zerbricht. Als zeitgenössische Groteske erweist sich „Hungaricum“ im Studio-Theater, das ein Panoptikum randständiger Figuren im neuen Europa vorstellt. Und schließlich die „7 Minuten“ im Theaterhaus: Das Konversationsstück leuchtet im Hin und Her der Argumente einen Konflikt in der Arbeitswelt aus, wo ein aus Frauen verschiedener Nationen bestehender Betriebsrat einer Pausenverkürzung zustimmen soll. Die Gemeinsamkeit der drei Produktionen: Sie sind – mit kleinen Einschränkungen – tatsächlich festivaltauglich.
Die Hamburger Privattheatertage sind als Leistungsschau der deutschen Kleintheater das Pendant zum Berliner Theatertreffen, das von Stadt- und Staatstheatern dominiert wird. Sie finden in diesem Jahr zum siebten Mal statt. Die ausgewählten Inszenierungen werden vom 19. Juni bis 1. Juli in verschiedenen Theatern der Hansestadt präsentiert. Am Ende des fast zweiwöchigen Festivals vergibt eine Jury in drei Kategorien – moderner Klassiker, Komödie und zeitgenössisches Drama – den begehrten Monica-Bleibtreu-Preis.
Ist Hamlet verrückt, oder tut er nur so?
In der „Hamlet“-Inszenierung des Forum-Theaters spielen fast nur Frauen.
Cord Beintmann
Die Bühne liegt im Dämmerlicht, von der Decke hängt eine große zylindrische Form aus langen Fäden, sodass ein Außen- und ein Innenraum entsteht. Die Schauspieler schlüpfen durch die Wand aus Schnüren, die immer wieder auf- und zugezogen wird. So gelingt es, den Ablauf des düsteren Shakespeare-Dramas „Hamlet“ räumlich zu strukturieren. Es ist ein rätselhaftes Stück, offen für diverse Interpretationen. Im Forum-Theater spielt Michael Ransburg den Dänen-Prinzen, fünf Frauen sind die Darstellerinnen aller anderen weiblichen und männlichen Figuren.
Dem Regisseur Dieter Nelle geht es um Autoritätskonflikte und Machtstrukturen, daher möchte er die männlichen Protagonisten in ihrer sozialen Geschlechtszugehörigkeit zeigen. Das klappt vorzüglich.
Schirin Brendel verkörpert einen selbstgefälligen König Claudius, Martina Guse ist ein autoritär dröhnender Polonius, Theresa Berlage spielt Polonius’ Sohn Laertes als hysterischen Macho.[…]
Michael Ransburg trägt die Inszenierung mit großer Präsenz. Er ist ein wandlungsfähiger Darsteller, mal Grübler, mal Philosoph, dann auf einmal der nassforsche Lautsprecher. Mit einem Bein steht Hamlet noch in einer vormodernen Welt der unhinterfragten Autoritäten, mit dem anderen aber schon in der Moderne, als sensibler Skeptiker, und diese Ambivalenz bekommt Ransburg gut hin.
Dieter Nelle hat den Originaltext reduziert und bravourös in ein Gegenwartsdeutsch übertragen. Die Kostüme von Hannes Hartmann und Leonie Mohr (Ausstattung) sind modern angelegt. Es ist reizvoll, die Schauspielerinnen je nach weiblicher oder männlicher Rolle in unterschiedlicher Gewandung zu sehen. […]
Nelle schafft es, die Szenen spannend zu halten. Immer wieder gelingt ihm eine faszinierende Verdichtung, etwa wenn Hamlet und Ophelia (Lieko Schulze) sich ein irrsinniges Wortgefecht liefern.
Das Stück bleibt seltsam rätselhaft. StZ, 07.10.2017