In dieser Spielzeit nimmt sich das Forum Theater Stuttgart Heinrich von Kleists „Der zerbrochne Krug“ an. In einer spannenden Inszenierung bringt Regisseur Dieter Nelle die Komödie mit ihren dunklen Untertönen auf die Bühne.
Dorfrichter Adam hat keinen guten Tag. Schon das Aufstehen ist schwierig. Eine Wunde am Kopf und eine am Bein schmerzen und lassen Fragen offen, was wohl am Abend zuvor geschehen ist. Dann kündigt sich auch noch ein Gerichtsrat Walter an, der die Amtsgeschäfte des Dorfrichters prüfen will. Und schließlich verlangt Frau Marthe Rull einen Prozess wegen eines zerbrochenen Kruges. Und dieser zerbrochene Krug und Marthes Tochter Eve sind eng verbunden mit des Dorfrichters Wunden. Es kommt zum Prozess, der alle Verstrickungen offenlegt und den Dorfrichter zu guter Letzt Gericht und Dorf fluchtartig verlassen lässt.
Zwei Dinge werden in der Inszenierung im Vordergrund stehen:
— zum einen der Machtmissbrauch des Dorfrichters Adam und sein Versuch der sexuellen Nötigung des jungen Mädchens Eve
— zum anderen seine überaus komischen Bemühungen, von der eigenen Schuld abzulenken und seinen Kopf aus der sich immer enger zuziehenden Schlinge zu ziehen.
Dabei wissen er und Eve, dass er der wahre Schuldige ist – und niemand anderes soll es erfahren. Wie aber soll das gehen, wenn das Gericht damit beschäftigt ist, die Wahrheit herauszufinden – wenn also Adam sich selbst als Täter entlarven muss?
Ein Versteckspiel sondergleichen beginnt, das auf komödiantische Art eine Geschichte der Gewalt erzählt und ganz nebenbei danach fragt, was mehr gilt: Gerechtigkeit oder die Wahrung der Würde des Gerichtes. Das Bühnenbild von Marcel Keller unterstreicht die Höllenfahrt des Dorfrichters auf nahezu expressionistische Weise.
Dieter Nelles Inszenierung bietet in seiner Orientierung am Text und an Kleists Kernfrage nach der Gewalt sowohl in patriarchalen Beziehungen wie in patriarchalen Strukturen einen Anlass für äußerst kontroverse Diskussionen.
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