Premiere am 15. Oktober 2020

Triumph der Liebe

Komödie von Marivaux

Übersetzung von Almuth Voß
Mit: Schirin Brendel, Martina Guse,Julianna Herzberg, Stefan Müller-Doriat, Michael Ransburg, Udo Rau, Jens Woggon
Regie: Dieter Nelle
Bühne und Kostüme: Hannes Hartmann und Leonie Mohr

Eine Frau, die liebt, betritt die Bühne: Leonide, Fürstin des Landes – selbstbewusst, gebildet, charmant und geistreich. Sie ist als Mann verkleidet – ebenso wie ihre Dienerin. Diese Frau als Mann liebt einen Mann und will ihn für sich gewinnen. Der Anzug eine Maske, das Gebaren ein Versteck, jeder Satz Bestandteil eines Planes, bei dem es darum geht, ein altes Unrecht wieder gut zu machen.

Prinzessin Leonide liebt Agis, den sie in einem Garten entdeckt hat, – aber Agis ist der Zieh-Sohn des Geschwisterpaares Hermocrates und Leontine. Und die beiden sind calvinistische Hardliner – dem Eros ebenso abgewandt wie den sonstigen Freuden des Lebens. Und in diesem Sinne haben sie Agis in einem Landhaus, fernab von allen Verlockungen der Welt aufgezogen. Agis hat sich in die Wissenschaften vergraben, der Vernunft ergeben und ist bisher von allen sinnlichen Verlockungen unbeleckt.

Um in diesem merkwürdigen Garten der Weisheit an Agis heranzukommen, erfindet Leonide einen der verrücktesten Streiche der Theaterliteratur.

Ziemlich schnell beschert uns Marivaux ein hoffnungslos verwirrendes Chaos der Leidenschaften, das alle Beziehungen der Beteiligten zu sprengen droht. Wäre da nicht Leonide – die fabelhafte Strippenzieherin, das Zentrum der ganzen Geschichte.

Marivaux ist ein durchtriebener Spieler. Und wie bei allen Spielern mischen sich bei ihm Kälte und Leidenschaft, die er je nach Belieben geschickt einzusetzen weiß – zum Vergnügen des Publikums.

Rechte: Rowohlt Theater Verlag

Im Forum Theater hat Marivaux’ „Triumph der Liebe“ Premiere gefeiert.

Brigitte Jähnigen

Stuttgart. Darf Liebe alles? Eine Fürstin, verkleidet als Mann, begleitet von ihrer Dienerin, dringt unter falschem Namen in das abgeschirmte Anwesen eines mönchisch lebenden Philosophen und seiner blaustrümpfigen Schwester ein. Mit verführerischen Worten verdreht sie beiden den Kopf. Doch das eigentliche Objekt ihrer Begierde ist der junge Ziehsohn. Um ihn zu erobern, glaubt die Fürstin, sich verkleiden, täuschen, Gefühle vorgaukeln zu müssen.

Kann soviel Trugbild ein Happy Ende haben? Schauplatz von Pierre Carlet de Marivaux’ „Triumph der Liebe“ ist das antike Griechenland. Der Regisseur Dieter Nelle hat daraus im Forum Theater ein poetisches Balancespiel zwischen rokoko-anmutigem Witz und böser Schadenfreude gemacht. Hannes Hartmann und Leonie Mohr haben mit blütenreich bemalten, mobilen Stellwänden Spielräume geschaffen, in denen sich Schirin Brendel (Fürstin Léonide), Michael Ransburg (Agis), Udo Rau (der Philosoph), Martina Guse (dessen Schwester) mit Wortgewandtheit und distanzierter Körperlichkeit bewegen. Keine Umarmungen, keine Küsse. Statt Wangen und Hintern werden Äpfel gestreichelt und mehr als einmal die eigenen Hände mit Desinfektionsmitteln eingerieben. Was in diesen Zeiten überzeugen muss, ist das Wort. Marivaux macht es den Schauspielern leicht.

„Triumph der Liebe“ erzählt eben nicht nur von der Macht der Liebe, sondern auch von Machtmissbrauch. Wenn Prinz und Fürstin am Ende des Stückes zusammenkommen, bleiben zwei seelisch gefolterte Menschen zurück.

STZN, 20.10.2020

Interview mit dem Regisseur Dieter Nelle aus der STZN

Artikel aus dem „Kulturreport“ der STZN