Premiere am 9. Januar 2010

Zarah 47

Eine musikalische Hommage an Zarah Leander von Peter Lund

Regie: Maarten Güppertz
Ausstattung: Günther Seywirth
Mit: Martina Guse
Am Klavier: Joachim Bilek

2. Preis ›Monospektakel 2016‹

Man schreibt das Jahr 1947. Zwei Jahre nach dem Ende von Krieg und Nazi-Terror feiert Zarah Leander ihren 40. Geburtstag und erwartet auf ihrem schwedischen Gut einen Ansturm von Gratulanten. Doch niemand kommt. Der einstige UfA-Star muß sich der bitteren Einsicht stellen, daß ihre Landsleute sie verachten und der Rest der Welt sie vergessen zu haben scheint. In einem furiosen Monolog – klug, witzig und von Skrupeln nicht gepeinigt – versucht die vereinsamte Diva ihre Karriere im Dritten Reich zu rechtfertigen und verfängt sich dabei immer tiefer in einem undurchdringlichen Gestrüpp aus Lebenslügen und Erinnerungen. Dazwischen singt sie ihre großen Lieder, die wie Leuchtbojen durch den diffusen Nebel der Vergangenheit weisen.
Ein Porträt einer legendären Künstlerin. Eine Studie über das Verhältnis von Kunst und Moral. Ein Solo für Martina Guse.

»Irene Ibsen-Bille (1901 bis 1985), Enkelin des Dramatikers Henrik Ibsen, hält sich an die Familientradition, Sehnsüchte und Verbrechen bloßzulegen und Seelenzergliederung zu betreiben. Der Autor Vincent eröffnet seiner Frau Luise, dass er bei einen Unfall vor 15 Jahren seine Identität gewechselt hat. Es sei in Wirklichkeit Vincent gestorben und nicht Zwillingsbruder Thomas. Fortan will er wieder als er selbst leben. Luise ist dagegen. Es folgen überreizte Szenen einer Scheinehe, Gewissheiten geraten ins Wanken. […] Heftiger Applaus.« StN, 06.03.10

»Bei diesem Stück muss man sehr genau hinhören, so verzwickt ist die Geschichte. Aber man tut das auch, denn ›Ohne Gesicht‹ von Irene Ibsen-Bille ist so fesselnd, dass man jedes Detail verstehen möchte. […] Luise und Vincent (oder Thomas?) laufen im Forumtheater über eine mit Kieselsteinen bedeckte Bühne. Bei jedem Schritt knirscht es mächtig, und so wird die Unbehaglichkeit des Zwiegesprächs von Vincent und Luise überdeutlich. Claudia Rüll Calame-Rosset hat vor kalte Metallwände nur ein langes Sofa auf die Bühne gestellt, auf dem sich ein furioser Schlagabtausch zwischen den Ehepartnern entwickelt. Es geht um Identität, deren Mangel Thomas schmerzlich empfindet, stand er doch stets im Schatten seines Bruders. Dieter Nelle schafft es, über achtzig Minuten im Bühnenraum eine gewaltige Spannung zwischen Vincent und Luise aufrechtzuerhalten. Maarten Güppertz gibt Vincent als einen verletzten und zugleich kämpfenden Menschen, und Martina Guse ist fulminant, wenn sie als verunsicherte Luise nur noch stammeln kann.« StZ, 08.03.10

»Die Stärke dieses Schauspiels ist ein fein ziseliertes Beziehungsgeflecht zwischen zwei permanent auftretenden und zwei nicht auftretenden, aber am Drama nicht weniger beteiligten Personen. Irene Ibsen-Bille […] benutzt in ihrem 1952 entstandenen Stück ein Zwillingspaar, um die Risse, die auch die bürgerliche Nachkriegsgesellschaft noch nicht überwunden hat, in aller Schärfe zu zeigen. Ein Mann ›ohne Gesicht‹ entdeckt an seinem fünfzigsten Geburtstag, dass der Sinn seines Überlebens nicht länger darin bestehen kann, eine Existenz der Selbstverleugnung, wie Luise sie von ihm verlangt, weiterzuführen. Was über diese Erkenntnis hinaus passiert ist und noch geschehen wird, bleibt ein Rätsel.
Dass uns das Stück bis zum Schluss in Atem hält, verdanken wir der Regie von Dieter Nelle, dem Spiel von Maarten Güppertz als Demalènes und Martina Guse als Luise Demalènes. Sie geben dem schnellen, von Wortgeklingel unbelasteten Dialog Stimme und Gebärde für die psychologischen Verästelungen. Die ständige Einmischung der Kieselgeräuschkulisse (Claudia Rüll Calame-Rosset) ist ein nerviger Hinweis aufs bürgerlich Versteinerte.« Kultur, April 10